Redebeiträge

DRUCKVERSION

150 Personen folgten am vergangenen Samstag dem Aufruf zu unserer Demonstration „Es gibt kein Menschenrecht auf Israelkritik – Gegen den antisemitischen Konsens“. Um diese Botschaft direkt zu den Anstiftern, Lautsprechern und Verharmlosern des Antisemitismus zu tragen, führte die Demonstration an Stätten der umtriebigsten Plattformen der Israelkritik in NRW vorbei: dem Sitz des Kreisverbands der Partei Die Linke, der Barbarossa-Moschee der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs und der Zentrale des Westdeutschen Rundfunks.

Gemessen an den Reaktionen der Passanten scheint eine israelsolidarische Demonstration in Köln einer Sensation gleichzukommen. Die Resonanz des Publikums reichte von Verblüffung über Entsetzen bis zu Feindseligkeit. Einige wenige schlossen sich unserem Aufzug spontan an.

Die Demonstration verlief ohne Störungen und Zwischenfälle. Anders als bei den meisten prozionistischen Kundgebungen der letzten Wochen waren diesmal genügend Polizeikräfte vor Ort, die sich zum Glück ausschließlich mit der Regelung des Straßenverkehrs befassen mussten.

Wir können also auf eine friedliche und unmissverständliche Demonstration gegen Antisemitismus und für Israel zurückblicken und möchten allen Teilnehmern herzlich für ihre Unterstützung danken.


Redebeitrag des
Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg
Vor dem Sitz des Kreisverbands der Partei Die Linke

Hitlergrüße, Hakenkreuze und „Gott ist groß“-Gebrüll – der antisemitische Mob waltete am 18. Juli in der Essener Innenstadt fast nach Belieben. Als Polizei den Weg zur Synagoge versperrte, nahm die plärrende Menge in ihrer Pogromstimmung unsere als „jüdische Demo“ identifizierte Kundgebung ins Visier. Auf den Plan gerufen hatte den Spuk die NRW-Linkspartei, namentlich das Mitglied des Bundestages Niema Movassat und der Landesvorsitzende Ralf Michalowsky.

Heute wollen die Strippenzieher und Schreibtischtäter von alldem nichts gewusst haben. Entsprechend ihrer Psychopathologie gerieren sie sich als unschuldige Opfer einer rechten respektive zionistischen Medienverschwörung. Antisemitismus beginnt für linke Demagogen à la Movassat frühestens an der Rampe, und so rechnet er es sich und seinen Essener Teilnehmern hoch an, dass der Angriff auf die Synagoge nicht gelang. Indes plant die Parteischreckschraube Inge Höger bereits ihren kommenden Auslandseinsatz an der Seite der Hamas.

Solche Anlässe, da sie sich – im Namen des Friedens – dem Djihad gegen Israel anschließen können, sind Festtage für linke Sektierer – auch wenn sie von der fanatisierten Meute in heiliger Raserei niedergebrüllt werden. Sie machen sich nur allzu gerne zum Steigbügelhalter bosstransformierter Streetfighter, bevor sie anschließend – zwischen den Kriegen – wieder zu viert oder fünft auf den Parkplätzen ihrer Vorstadtsupermärkte zum Boykott jüdischer Waren aufrufen oder in Duisburger Hinterzimmern den Lagerfeuergeschichten vom Frauendeck lauschen werden. Derweil möchte Commandante Movassat, unerschütterlich im friedensbewegten Wahn, die Nothilfe für kurdische Peschmerga verhindern. Die antifaschistische Parteiräson der Linken ist noch weniger wert als die israelsolidarische der Bundesregierung. In Nordrhein-Westfalen haben wir es mit einem dezidiert antisemitischen Haufen von Dreckschweinen zu tun.

Diesen Elendsgestalten ist durch solidarische Kritik nicht beizukommen, denn sie Wissen, was sie tun. Eine einfache Wahrheit, die intern mitunter auch durch Prügel vermittelt wird. So wurde einem Grüppchen israelsolidarisch verwirrter Freaks, das vor zwei Monaten in Wuppertal eine Shalom AG gründen wollte, kurzerhand aufgelauert und die Parteilinie eingebläut.

Die Partei Die Linke kann – wie ihre Genossen Khamenei und Assad – keineswegs Partner, vielmehr muss sie Todfeind antifaschistischer Politik sein.


Redebeitrag der
Georg-Weerth-Gesellschaft Köln
Vor der Barbarossa-Moschee der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs

Wir stehen hier vor der „Barbarossa-Moschee“, die von der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş unterhalten wird. Es wirkt auf geradezu ironische Weise passend, wie ein treffender Zufall, dass diese Moschee nach einem reichlich unislamischen Kaiser benannt wurde, dessen Bart nicht von Henna, sondern von Natur rot gefärbt war, und der wie kaum ein anderer in die deutsch-völkische Mythologie eingegangen ist. Barbarossa diente als Symbol für das nationale deutsche Erwachen lange vor 1933. Es war kein Zufall, dass der Überfall auf die Sowjetunion seinen Namen trug, und dass der apokalyptische Endkampf gegen den imaginierten, jüdisch-bolschewistischen Erzfeind die „Endlösung der Judenfrage“ zum Ziel hatte. Und ebenso wenig war es Zufall, dass die Vernichtung der europäischen Juden unter dem Beifall des nach Berlin geflüchteten Großmufti von Jerusalem, Hadsch Amin el-Husseini, durchgeführt wurde, der in Bosnien Muslime für die SS rekrutierte, Aufrufe zum Massenmord über den arabischen Nazisender verbreitete und für die Vernichtung der Juden auch im Nahen Osten eiferte.

Der Handschlag von Nazis und Arabern im Krieg gegen den Westen, den Kommunismus und die Juden war, um es noch einmal zu betonen, kein Zufall, sondern entspricht den ideologischen Überschneidungen zweier Bewegungen, die sich auf unhintergehbare Ordnungsprinzipien berufen. Die nationalsozialistische und die islamische Ideologie stimmen darin überein, dass sich der Mensch in seiner historischen und sozialen Entwicklung fortwährend von seiner natürlichen bzw. gottgewollten Bestimmung entfernt habe. Sie wollen ihn mit harter Hand auf den rechten Pfad zurückleiten, dem allumfassenden Gesetz unterwerfen. Und zu diesem Zweck müssen sie die ewigen Feinde der wahren Ordnung vernichten. Wenn in den letzten Wochen Demonstranten aus dem türkisch-muslimischen Milieu Adolf Hitler herbeiriefen und die Juden ins Gas wünschten, ist das ein Ausdruck des kollektiven Gedächtnisses, der Rückbesinnung auf den antisemitischen Pakt zwischen den Nazis und ihren muslimischen Bewunderern.

Der islamische Vernichtungswunsch spiegelt sich seit neuestem im erhobenen Zeigefinger der Djihadisten, der jene Konsequenz symbolisiert, mit der Hamas, ISIS, Boko Haram oder das iranische Regime vorzugehen gewillt sind: Es gibt nur einen Weg, es werden keine Kompromisse, keine Gefangenen gemacht. Oder, um es in den Worten von Milli Görüş zu sagen: „Es ist Ketzerei, die von Menschen gemachten Gesetze über die Gesetze Gottes zu stellen.“ Für Muslime, die diesem Dogma folgen, gibt es aber keine größere Ketzerei als den Staat Israel. Die Emanzipation der Juden von ihrer historischen Hilf- und Schutzlosigkeit, der sie in Europa wie in den islamischen Ländern ausgeliefert waren, ist nicht Teil der koranischen Offenbarung, sie steht in direktem Widerspruch zu den Weisungen Mohammeds. Die Gründung des Staates Israel war ein Bruch des kosmischen Gesetzes, nach dem Muslime herrschen und Juden bestenfalls geduldet werden. Kein Wunder, dass man bei Milli Görüş auch die historische Abkehr vom göttlichen Masterplan, die Abschaffung des osmanischen Kalifats durch Atatürk, auf die Juden zurückführt: Gemäß dem Gründer von Milli Görüş, Necmettin Erbakan, waren die Kemalisten bloß verstellte Juden, und die Abkehr von der offenbarten Ordnung, also die Laizisierung und Verwestlichung der Türkei daher Produkte einer jüdischen Verschwörung.

Wie es schon beim Nationalsozialismus der Fall ist, so ist auch die islamische Verschwörungstheorie beseelt von einem frustrierten und löchrigen Überlegenheitsgefühl. Wer im Sinne vermeintlicher Naturgesetze oder göttlicher Offenbarungen handelt, kennt kein Halten und keinen Zweifel. Dass das islamische Herrenmenschentum tagtäglich durch die Realität widerlegt wird, treibt seine Anhänger in den offenen, zerstörerischen und selbstzerstörerischen Wahn. Weil die Welt nicht der göttlichen Anordnung entspricht, darf sie nicht sein, inklusive die Menschen, die in ihr leben. Das apokalyptische Bedürfnis strebt nach unmittelbarer Verwirklichung und wird mit allen Mitteln vorangetrieben. Im Jahr 2010 wurde die Organisation Internationale Humanitäre Hilfe (IHH) vom deutschen Innenministerium verboten, mit der Begründung, sie habe 6,6 Millionen EURO an die Hamas transferiert. Die IHH war in Deutschland einer der zahlreichen Milli-Görüş-Ableger, und ihr Treiben unter „karitativem“ Deckmantel war so unverschämt als Beitrag zum antisemitischen Djihad erwiesen, dass es selbst der Bundesregierung zu unheimlich wurde. Zur gleichen Zeit war die türkische Mutterorganisation der IHH der Hauptorganisator der ersten Gaza-Flotte, welche von der israelischen Armee erfolgreich gestoppt wurde. Der antisemitische Furor, der dieser Anti-Terror-Operation folgte, machte die IHH zur Speerspitze des türkisch-islamischen Judenhasses; einem Judenhass, der unter der Regierung Erdoğan zur Staatsdoktrin herangereift ist. Der faschistisch-islamische Größenwahn eines Erdoğan wird nicht nur an präpotenten Monumentalbauten in und um Istanbul, herablassenden Äußerungen über Frauen und Minderheiten und der stetigen Einschwörung türkischstämmiger Europäern auf den religiös imprägnierten Volkstumskampf ablesbar. Insbesondere offenbart er sich an seinen regelmäßigen, antisemitischen Wutreden. Der islamische Faschismus vermag die ehemaligen Staatsfeinde, Erbakans Milli Görüş, mittels des ehemaligen Erbakan-Anhängers und gegenwärtigen türkischen Führers in das neo-osmanische türkische Staatsprojekt zu integrieren. Vor einem Jahr ließ Erdoğan 20.000 europäischen Milli-Görüş-Anhängern auf einer Veranstaltung in Belgien durch seinen Stellvertreter mitteilen, er sei einer von ihnen. Auch dem erleuchteten Neoosmanen ist alles bloße Ketzerei, was ihm nicht in den göttlichen Kram passt, das macht er bei jeder Gelegenheit deutlich.

Milli Görüş kann sich der Freundschaft, ja der Dankbarkeit Erdoğans – und darüber hinaus eines gewissen Verständnisses seitens der deutschen Mehrheitsgesellschaft – sicher sein, weil dieser antisemitische Islamistenverein dem Märtyrerkult frönt, etwa in Form moralischer und nicht zuletzt finanzieller Unterstützung der Hamas und ihrer selbstmörderischen Angriffe auf Israels gesamte Bevölkerung. Das geradezu pornographische Bedürfnis nach Märtyrern, nach unschuldig Dahingeschlachteten ist kaum zu befriedigen, wo die Juden als blutrünstige Schlächter gebrandmarkt werden sollen. Während Israel seine Steuereinnahmen nicht nur in militärtechnologische Notwendigkeiten zum Schutz der eigenen Bevölkerung investiert, sondern sogar – und entgegen jeder militärischen Logik – in den Schutz der feindlichen Bevölkerung des Gazastreifens, kann man auf der Seite der Hamas gar nicht genug Kollateralschäden ansammeln und führt sie durch die Installation von Raketensstellungen in dichtbesiedelten Gebieten, in Schulen, Moscheen und Krankenhäusern mit unendlichem Zynismus bewusst herbei. Tote Kinder, die harte Währung des asymmetrischen Krieges der Antisemiten, sollen Israel in den Augen der ganzen Welt unmöglich machen. Die emotionale, propagandistische Wirkung dieser psychologischen Kriegsführung kann nicht in Gold aufgewogen werden. Der Schlachtruf „Kindermörder Israel“ bringt Tausende auf die Straßen, er schafft ein berauschendes Gemeinschaftsgefühl reinen Hasses, das die vermeintlichen Barrieren zwischen Linken und Nazis, Muslimen und anderen Deutschen niederreißt. Als anlässlich der jüngst ausgehandelten, unbefristeten Waffenruhe die Führer der Hamas und des Islamischen Djihad aus ihren Löchern gekrochen kamen, um dem jubelnden Volk von Gaza den erneuten Sieg im Kampf gegen den Zionismus mitzuteilen, bezog sich die trotzige Siegesverkündung nicht auf eine spärliche und zudem noch nicht einmal genau festgelegte Ausweitung der Fischereizone. Sie bezog sich, und zwar zu Recht, auf einen weiteren Schritt auf dem mühsamen und blutigen Pfad hin zur Verunmöglichung Israels. Einem Pfad, der freiwillig – oder zur Not auch unfreiwillig – von den Palästinensern beschritten wird, und der immer wieder von ihren europäischen und mittlerweile auch amerikanischen Unterstützern in Politik und Medien gebahnt wird. In jeder Sonntagsrede, jedem Feuilleton-Beitrag wird es lauthals beteuert: Man will angeblich nicht, dass die Juden in Europa in Angst leben. Aber man hat kein Problem damit, dass die Juden in Israel in Angst leben. Und den Juden in Europa wird vor dem Hintergrund steter antisemitischer Hetze und stets zunehmender Gewalttaten gegen sie abverlangt, dass sie sich gefälligst vom Staat Israel distanzieren und sich am Besten noch als jüdische Kronzeugen gegen den einzigen Garanten jüdischen Überlebens einspannen lassen. Für die Selbstverteidigung Israels werden sie in Schutzhaft genommen, während der islamische Mob ungehindert wütet.

Israel soll unmöglich gemacht werden, und dieses Bedürfnis verbindet und versöhnt die verfeindetsten Bekenntnisse und Ideologien, unabhängig von Ethnizität und Staatsbürgerschaft. Nichts macht den durchschlagenden Erfolg dieser Strategie deutlicher als die infolge des Gaza-Kriegs und der neuesten antisemitischen Schlachtrufe Erdoğans erfolgte Erklärung der IHH, man werde noch in diesem Jahr eine neuen Flotte zur Durchbrechung der Blockade Gazas entsenden. In Istanbul wie unter den Hamas-Fans der Barbarossa-Moschee will man die palästinensischen Djihadisten bei der Produktion telegener Märtyrer nicht im Stich lassen und rüstet erneut zur Invasion des Gaza-Streifens, während der sich besorgt gebende Deutsche schon einmal die israelische Regierung vor unverhältnismäßigen Reaktionen warnt und die terrorismusbedingte Blockade Gazas zum Verstoß gegen das Völkerrecht erklärt. Ob die großmäulig angekündigte Durchbrechung der Blockade erfolgen wird oder nicht, ob Erdoğan seinem Fanclub militärischen Schutz zukommen lassen wird oder nicht: es bleibt zu hoffen, und es bleibt zu unterstützen, dass die israelische Armee auf eine erneute antisemitische Invasion wieder so entschlossen und effektiv reagieren wird, wie sie es seit der Staatsgründung getan hat.


Redebeitrag von
Alex Feuerherdt
Vor dem WDR Köln

Essen, 18. Juli 2014. Ein aggressiver Mob aus mehreren hundert Leuten versucht, eine pro-israelische Kundgebung zu stürmen. Die Lage ist bedrohlich, zumal die Polizei zahlenmäßig dünn besetzt ist und große Mühe hat, die Kundgebung zu schützen, wie es ihre Pflicht ist. Der Mob reckt Plakate und Transparente mit Aufschriften wie »Stoppt den Judenterror« und »Angeblich (!) früher Opfer, heute selber Täter« in die Höhe. Es werden allerlei Parolen gebrüllt, wie »Adolf Hitler! Adolf Hitler!«, »Tod den Juden!«, »Scheißjuden, brennt!« und immer wieder »Kindermörder Israel!«. Gegenstände fliegen auf die proisraelischen Demonstranten: Feuerzeuge, Flaschen, Böller. Zwei Stunden lang geht das so. Kein Nazi-Aufmarsch hätte schlimmer sein können.

Der WDR schaltet unterdessen im Rahmen seiner Sendung »Lokalzeit Ruhr« einen Reporter zu, der in unmittelbarer Nähe des antisemitischen Mobs steht und live berichtet. Der Reporter sagt ohne jede Ironie: »Es hat keine Anzeichen dafür gegeben, dass sich Extremisten unter diese Demonstration gemischt haben, weder von islamistischer Seite, aber auch keine Rechtsextremen. […] Bisher ist es alles ein bisschen brisant, aber friedlich.« Während er diese Worte spricht, versammelt sich etwa ein Dutzend Männer hinter ihm. Man hört Parolen auf Arabisch, danach hält einer ungehindert ein Plakat in die Kamera, auf dem »Israel = Terrorists« geschrieben steht. Die Blamage des Reporters ist offenkundig. Aber bemerkt hat man das beim WDR erst, als das Duisburger Bündnis gegen Antisemitismus dem Sender Videomaterial vorlegte, das zeigte, was der Reporter ebenfalls hätte sehen können, ja, sehen müssen, aber offenbar nicht sehen wollte.

Vier Tage später durfte die WDR-Journalistin Sabine Rau in den »Tagesthemen« einen Kommentar sprechen. Ganze 19 Sekunden dauerte ihre leidenschaftslose, pflichtschuldige Distanzierung vom Antisemitismus auf den Demonstrationen. Dann kam sie zu ihrem eigentlichen Anliegen, der »brachialen Unerbittlichkeit« des israelischen »Feldzuges«, wie sie es nannte. Das Erstarken der Hamas sei, so findet Sabine Rau, »auch das Ergebnis der unerbittlichen Siedlungspolitik Israels«, außerdem hätten die »Scharfmacher und Populisten« in der israelischen Regierung die Situation im Gazastreifen eskalieren lassen. Wer so redet, der verdreht ganz bewusst Ursache und Wirkung, der vertauscht Täter und Opfer. Und das ist keine legitime Meinungsäußerung mehr, das ist nichts anderes als Hetze.

Aber es war natürlich nicht nur der WDR, der gegen die Operation Protective Edge journalistisch zu Felde gezogen ist und die antisemitischen Aufmärsche hierzulande verharmlost hat. Es waren vielmehr wieder alle dabei, die auch sonst nicht fehlen, wenn es darum geht, den jüdischen Staat zu dämonisieren und zu delegitimieren – von Spiegel Online bis zum Deutschlandfunk, von der Süddeutschen Zeitung bis zum ZDF, vom Morgenmagazin bis zu den Abendnachrichten. Mochte die Hamas auch sämtliche Waffenruhen gebrochen haben, stets hieß es so unbeirrt wie unbeirrbar: »Israel setzt Luftangriffe auf Gazastreifen fort«, »Israel bombardiert Hamas-Führer« oder »Netanjahu will Angriffe auf Gazastreifen ausweiten«. Mochte es auch fast minütlich Raketenalarm in Israel gegeben, mochten auch fünf Millionen Israelis unmittelbar davon betroffen sein, mochte die Hamas auch noch so oft völlig unverblümt betonen, dass sie ihre Angriffe nicht einstellen wird und dass ihr Ziel die Vernichtung des jüdischen Staates und seiner Bewohner ist – Israel war und blieb für etliche Medien hierzulande trotzdem der Aggressor.

Und wenn man doch einmal erschrak über den unverhohlenen Antisemitismus auf den Aufmärschen, dann vornehmlich aus einem Grund: Die Demonstranten entstellten die hierzulande so populäre, ja, majoritäre Israelkritik zur Kenntlichkeit, das heißt: Sie legten ihren antisemitischen Kern frei. Das aber durfte natürlich nicht sein, weshalb nicht nur Sabine Rau, sondern auch einer wie der Heribert Prantl von der Süddeutschen mit dem typischen Trotz des Ertappten dekretierte: »Man kann, darf und muss beklagen, dass Israel zur Verewigung des mörderischen Nahost-Konflikts beiträgt.« Es ist, wie wir es im Aufruf zu unserer heutigen Demonstration festgehalten haben: Die öffentlichen Schwätzer und Schreiber gegen Israel, die Todenhöfers und Lüdersse, die Augsteins, Prantls und Raus, sind als Mittäter anzusehen, die für die Gräueltaten ihrer antisemitischen Lieblinge mitverantwortlich sind.

Und auch die in den Medien gebetsmühlenartig wiederholte Rede von der angeblichen Unverhältnismäßigkeit des israelischen Vorgehens verweist auf einen wesentlichen Aspekt der Israelkritik, die ja partout kein Antisemitismus sein will. Dieser Aspekt lautet: Juden haben gefälligst wehrlos zu sein und sich in die ihnen zugedachte Opferrolle zu fügen, um im postnazistischen, vergangenheitsbewältigten, wiedergutgewordenen Deutschland in den Genuss von Solidarität zu kommen. Begegnen sie dem Antisemitismus aber aktiv und nötigenfalls auch mit Waffengewalt, das heißt, widersetzen sie sich der Rolle, die man hierzulande für sie vorgesehen hat, dann sind sie Aggressoren, Landräuber, Besatzer, Kriegsverbrecher, Friedensfeinde, Kindermörder, Nazis. Mal wird dieses Vokabular ganz offen verwendet, mal aus Gründen des Distinktionsgewinns und des Zwangs zur Zurückhaltung nur sinngemäß. In der Dämonisierung und Delegitimierung, die jeder Israelkritik innewohnt – der brachialen auf der Straße wie der wohlformulierten in den Redaktionsstuben –, in dieser Dämonisierung und Delegitimierung also kommt deren Sinn, Zweck und Antrieb zum Ausdruck: das Ausleben des antisemitischen Ressentiments in einer gesellschaftlich weithin akzeptierten Art und Weise. Nach Auschwitz zieht man nicht mehr über »den Juden« her, sondern ersatzweise über den Judenstaat als »Jude unter den Staaten«, also als Kollektivsubjekt. Dabei könnte die Verwandtschaft des klassischen mit dem israelkritischen, antizionistischen Antisemitismus unübersehbarer kaum sein.

In diesem Sinne: Kampf dem antisemitischen Konsens! Lang lebe Israel!

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